Die Zähne sind nach Einschätzung vieler Evolutionsbiologen einer der Hauptgründe für die Erfolgsgeschichte aller Wirbeltiere. Dank ihrer mit Zähnen bewehrten Kiefer beherrschten diese Lebewesen einst die Urmeere und besiedelten in der Folge auch das Land. Heute noch, nach Hunderten Millionen Jahren, schreiben ihre fernen Abkömmlinge Texte über diese Zähne und versuchen, ihren Flossen tragenden Verwandten Köder zwischen dieselbigen zu platzieren.
Als erste Tiere überhaupt entwickelten die Fische Zähne. Aus den Rändern ihrer Kieferknochen begannen spitze, harte Kegel zu wachsen. Mit diesen neuen „Strukturen“ ließen sich Beutetiere deutlich besser festhalten. Bald war dieser Vorteil für das Überleben so entscheidend, dass diese Maulwerkzeuge immer größer und kräftiger wurden. So entwickelten sich daraus im Laufe der Zeit Werkzeuge zum Zerkleinern, Zerquetschen oder gar Vermahlen von Nahrung. Bei den heutigen Fischen findet man ein weites Spektrum von Funktionen, das mit dem „Konstruktionsprinzip Zahn“ möglich wurde.
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Spitze Greifer
Bei vielen Raubfischen ist auch nach Hunderten von Jahrmillionen noch die urtümlichste Funktion der Zähne zu bestaunen. Ein Hecht hat Kiefer, die gespickt sind mit Hunderten von nadelspitzen Kegeln. Diese Spitzen halten eine Beute fest, bis sie verschluckt werden kann. Da Fische keine Hände haben, sind ihre Kiefer die Haltewerkzeuge. Fische mit so einer Zahnausstattung können aber nur Beute fressen, die unzerkleinert durch ihren Schlund passt. Scharfe Zähne, die ein „Portionieren“ der Beute erlauben, findet man bei unseren heimischen Fischen nicht. Zum Glück vielleicht! Scharfe, schneidende Zähne sind aber „selbstverständlich“ von der Natur hervorgebracht worden: man findet sie beispielsweise bei vielen Haien, beim Bluefish und den Piranhas.
Es gibt sogar Haie, die darauf spezialisiert sind, kleine Fleischstücke aus großen Meeressäugern wie Robben und Walen herauszubeißen. Einer dieser Fleischdiebe wird „Cookie-Cutter“ (Kekse-Stanzer) genannt, weil er kreisrunde Löcher im Walspeck hinterlässt.

Bild: O. Portrat
Barsche, Welse und Quappen (Bild) gebrauchen ihre vielen Bürstenzähnchen zum Festhalten der Beute.
Bürsten- und Schlundzähne
Eine weit verbreitete Zahnvariante sind die so genannten Hechel- oder Bürstenzähnchen, wie wir sie beim Barsch, der Quappe oder dem Wels sehen können. Es sind Felder von kleinen bis winzigen Hakenzähnchen, die eine raue Oberfläche bilden, mit der Beute ebenfalls festgehalten werden kann. Fischarten mit dieser Zahnform haben ihre Jagdmethode auf einen Sog durch weites Aufreißen des Mauls ausgerichtet. Beim Einsaugen der Beute würden große, lange Zähne nur stören.

Bild: O. Portrat
Karpfen nutzen ihre Schlundzähne zum Zerkleinern von Pflanzen und Knacken von Muscheln und Krebsen.
Eine ungewohnte Zahnform sind die Schlundzähne der Karpfenfische. Ihre Form ist charakteristisch für jede Art und erlaubt auch bei eng verwandten und ähnlichen Arten eine klare Bestimmung. Benutzt werden sie zum Zerkleinern von Pflanzen und zum Knacken von hartschaliger Beute wie Muscheln und Krebsen.
Bei vielen Raubfischen sind nicht nur die Kiefer mit Zähnen ausgestattet, sondern die ganze Mundhöhle. Man findet Zähne auf den Gaumenplatten, auf den Kiemenbögen und der Zunge. Bei den Salmoniden ist die Bezahnung des Gaumens, insbesondere des so genannten Pflugscharbeins, eine zuverlässige Methode zur Bestimmung der Art.

Bild: O. Portrat
Das bezahnte Pflugscharbein ist eindeutiges Bestimmungsmerkmal von Salmoniden.

Bild: O. Portrat
Seeforellen haben zudem kleine Zähne im Unterkiefer.
Zahnwechsel
Die Fische haben im Gegensatz zu uns Menschen einen stetigen Zahnwechsel. Abgenutzte Zähne fallen aus und werden ersetzt. Dieser Wechsel findet bis ans Lebensende eines Fisches statt. Die Kiefer sind besetzt mit Zähnen unterschiedlichen Alters und zwar in einem Muster, das stets die Funktion des Gebisses gewährleistet.
Ein Raubfisch ohne Zähne hat nämlich Mühe, seine Beute festzuhalten und wird sich nicht erfolgreich fortpflanzen, weil er bis dahin längst verhungert ist. Also hat die Evolution jene Fische begünstigt, die ihre Zähne „schlau“ wechseln. Dass Hechte im Sommer ihre Zähne erneuern und deshalb nichts fressen ist also ein Märchen.
Dieser Artikel erschien zuerst im Blinker 08/2011. Hier geht es zur aktuellen Ausgabe
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