Plötzlich steht die Pose unter Strom. Sie vibriert und sendet kleine Wellenkreise. Kippt zur Seite, richtet sich wieder auf, wandert ein Stück – um dann, als wäre nichts geschehen, wie angewurzelt am Rand der Seerosen zu verharren. Es gibt Menschen mit schwachen Nerven. Und es gibt Schleienangler. Diese Spezies weiß: Ihr Lieblingsfisch ist launisch. Nicht immer, wenn die Schleie den Köder ins Maul nimmt, will sie ihn auch fressen. Viele Anhiebe gehen daneben. Und gar nicht selten lassen die Schleien Hundertschaften von Weißfischen den Vortritt.
Dass das Angeln auf Schleie so viele Reize auf Angler ausübt, hat wohl zwei Gründe: Der erste ist ihre Schönheit. Wer je den moosgrünen Körper eine Schleie in Händen hielt, womöglich angestrahlt von einem Morgenrot (einem Rot, das ihren Augen gleicht!), wird diesen Anblick nie mehr vergessen. Grund Nummer zwei: Der Schleienfang ist für einen Friedfischangler das, was der Meisterbrief für einen Zimmermann ist – ein Beweis, dass er sein Handwerk versteht. Mit der Schwierigkeit, die ein Fang bereitet, wächst die Freude, wenn er gelingt. Was könnt Ihr tun, um die launische Schleie zu verführen? Erste Aufgabe: Findet ein Gewässer, in dem es genug Schleien gibt. Das klassische Schleien-Revier sieht aus wie ihre Körperfarbe: grün. Die Schleie liebt Schilf, Kraut und Seerosen. In dieser grünen Hölle ist sie gut getarnt, findet Deckung und Insekten.

Husch, husch, in den Kescher! Eine Schleie ist aus den Seerosen gedrillt und muss jetzt gelandet werden. Foto: BLINKER/M. Wehrle
Sechs Regeln beim Angeln auf Schleie
- Wählt das richtige Revier – nicht zu viele Karpfen!
- Angelt dicht an den Wasserpflanzen und überhängen Bäumen mit Wurzelwerk – Schleien leben im Grünen!
- Montiert so leicht wie möglich – Schleien hassen Widerstand.
- Füttert Würmer in Erdklumpen – das lockt gezielt Schleien an.
- Greift in der Dämmerung an – Schleien sind Morgen- und Abendfische.
- Passt den (Wurm-)Köder der Jahreszeit an: je kälter das Wasser, desto kleiner.
Spurensuche beim Angeln auf Schleie
Ob Waldteiche mit starkem Pflanzenbewuchs, Seerosen-Buchten in größeren Gewässern oder krautreiche Gräben: Im Grünen dürft ihr mit Schleien rechnen. Nur darf ein Gewässer nicht zu dicht mit Karpfen besetzt sein. Denn (Satz-)Karpfen drängen die Schleien zurück und sind meist schneller am Köder. Nehmt Euch die Zeit, ein Gewässer zu beobachten. Die Schleie nimmt ihre Nahrung auf, indem sie am Boden einen Kopfstand vollführt, Maul in den Schlamm, Schwänzchen in die Höh; in der Fachsprache heißt das „gründeln“. Beim Wühlen steigen oft Ketten kleiner Gasperlen an die Oberfläche. Manchmal erzeugt die Schleie auch Schlammwolken. Manchmal erzittern Wasserpflanzen, von den Fischen angestoßen. Und manchmal winken aus dem Flachwasser die Spitzen der pechschwarzen Schwanzflossen.

Augen auf am Wasser! Manchmal verraten sich die Schleien beim Gründeln – oder wenn sie zwischen den Seerosen an die Oberfläche streben. Foto: BLINKER/M. Wehrle
Richtig in Fahrt kommen die Schleien im Sommer: im Juni, Juli und August. Dann explodiert die natürliche Nahrung, und das große Fressen beginnt. Im Frühjahr (ab März) und im Herbst (bis Oktober) sind die Schleien träger. Dafür ist die natürliche Nahrung knapp, Futter und Köder – nun gerne eine Nummer kleiner! – genießen mehr Aufmerksamkeit. Gerade im Flachwasser, das sich im Frühjahr zuerst erwärmt, könnten schöne Fänge gelingen. Die eigentliche Kunst beim Angeln auf Schleie: Ihr müsst euren Köder ins Maul der richtigen Fischart bringen! Das ist gar nicht so einfach. Der beste Schleienköder, ein lebhaftes Wurmbündel, bringt oft gierigen Weißfische und Barsche. Auch der zweitbeste Köder, ein Tauwurm, schützt vor Beifängen nicht. Und wenn ihr auf Mini-Boilies oder Mais setzt, die drittbesten Köder, gerät euer Schleien-Ansitz schnell zum Karpfentag.
Die Top 4 der Schleienköder
- Mistwurm
- Tauwurm
- Mais
- Boilie
Früher Angler fängt den Fisch!
Das beste Mittel gegen unerwünschte Beifänge: angelt dann, wenn die Schleien am Fressen sind! Die Beißzeit beginnt beim Schichtwechsel zwischen Nacht und Tag, im Hochsommer gegen 4.15 Uhr. Meist fressen die Schleien zwei bis drei Stunden; um 7.00 Uhr kann alles gelaufen sein. Am Abend sind die letzten drei Stunden des Tages am ergiebigsten, ebenso die ersten beiden Nachtstunden (weshalb Knicklichtposen zur Standardausrüstung des Schleienanglers gehören). Je aktiver die Schleie, desto geringer die Chance, dass andere Fische zuerst beißen – was am helllichten Tag garantiert passiert.
Verwendet ein Anfutter, das vor allem die Schleien anlockt, nicht die unerwünschten Beifänge. Zerschneidet Würmer mit einer Schere, knetet diese in lockere Klumpen aus Erde und werfet die Bälle an den Angelplatz – am besten zu Beginn des Angelns, damit ihr später keine Fische vom Futterplatz verscheucht. Diese Wurmbälle entfalten nicht die unmittelbare Lockwirkung eines Trockenfutters, was Weißfische in Scharen anzöge (außer in reinen Schleiengewässern). Die Würmer sind gut verpackt, nicht jedes kleine Rotauge kommt ran. Doch die Schleie dringt zum leckeren Kern der Sache vor. Dazu braucht sie Zeit, und das ist gut so: Die Fische bleiben länger am Platz. Die gefütterten Würmer sind zu bekommen, das Wurmbündel an Ihrem Haken wirkt umso attraktiver.

Schleien lieben Futterbälle mit Wurmfüllung. In weißfischreichen Gewässern sollten Sie die Würmer in Erdklumpen kneten. Foto: BLINKER/M. Wehrle
Die Montage ist eine Frage des Gewässers!
Und mit welcher Methode fangen man dann die scheuen Schleien? Auf den ersten Blick bietet sich für den Bodenfisch Schleie das Grundangeln an. In schlammigen Gewässern empfiehlt sich dazu ein Tiroler Hölzl, das ist ein Luftschlauch mit Blei, der sich am Gewässergrund aufrichtet, statt im Schlamm zu versinken und den Schnurdurchlauf zu blockieren (eine Gefahr beim normalen Laufblei). Noch effektiver ist die freie Leine: Ihr werft den Köder ohne Bleigewicht aus. Doppelter Vorteil: Das Einwerfen ist völlig unauffällig – und die Fische können abziehen, ohne Widerstand zu spüren. Allerdings geht das nur beim ufernahen Angeln.
Die Rute wird beim Grundangeln abgelegt auf zwei Rutengabeln oder einem Rod pod. Ihre Spitze neigt sich zum Wasser, dann reibt die Schnur am wenigsten. Der einfachste Bissanzeiger ist ein Zylinder aus Alupapier, eingehängt zwischen dem ersten Rutenringen; der Rollenbügel darf dabei offen sein. Der moderne Weg ist ein elektronischer Bissanzeiger mit akustischem Alarm. Der größte Nachteil des Grundangelns: Beim Biss könnt ihr nicht verfolgen, wohin der Fisch zieht. Das ist ärgerlich, wenn ihr am Rand von Wasserpflanzen angeln. Denn was bringt es, wenn ihr eine Schleie hakt, diese aber schon im Kraut festsitzt?

Kraut-Spezialität: Manchmal landet der Fisch mit Grünzeug im Kescher. Beim Posenangeln gelingt es jedoch oft, den Anhieb zu setzen, ehe der Fisch in die Pflanzen abzogen ist. Foto: BLINKER/M. Wehrle
Die Methode erster Wahl ist das Posenangeln. Dabei könnt Ihr genau verfolgen, wohin ein Fisch mit dem Köder wandert – und rechtzeitig anschlagen. Ideal sind Wackelposen („Waggler“) mit einer Tragkraft von 2 bis 5 Gramm – umso schwerer, je weiter müsst ihr werfen. Die Pose bleit ihr so aus, dass nur noch ihre dünne Spitze einen Finger weit aus dem Wasser schaut. Und nun klemmen ihr ein zusätzliches Bleischrot zehn Zentimeter vor dem Köder auf die Schnur. Eigentlich würde die Pose dadurch untergehen. Doch ihr wählt die Tiefe so, dass die Pose noch ganz knapp aus dem Wasser schaut. Nun wisst ihr: Das Bleischrot liegt mitsamt Köder am Boden.
Diese Bodenhaftung ist wichtig, denn die Schleie nimmt ihre Nahrung direkt vom Grund auf. Ein Köder, der darüber hängt, erschiene ihr alles andere als natürlich – erst recht, wenn ihn der Wind immer wieder verdriftet. Das Wurmbündel zieht ihr auf einen 6er bis 8er Haken. Spießt die Rotwürmer mehrfach auf, die Enden dürfen nicht zu lang sein. Je kürzer die Wurmenden, an denen die Schleie ziehen kann, desto geringer Ihr Fehlbiss-Risiko.

Alles im grünen Bereich! Auf Schleien haben sich kleine Waggler-Posen bewährt, vorzugsweise in transparentem Grün – das fällt zwischen den Wasserpflanzen nicht auf. Foto: BLINKER/M. Wehrle
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